Notgeld der Stadt Gunzenhausen - 500 Milliarden Mark
Foto: Marktplatz
Notgeld der Stadt Gunzenhausen - 1 Million Mark
Foto: Gunzenhausen Färberturm mit Weißenburger Straße

Gunzenhausen einst und jetzt

von Melanie Proske

Weißenburger Strasse mit Faerberturm

Nahezu menschenleer präsentiert sich die sonst so betriebsame Weißenburger Straße. Nur aus der Bertling’schen Färberei guckt neugierig ein Lehrjunge zur Ladentüre hinaus. Färbermeister Karl Bertling hat sein Wohn- und Geschäftshaus 1886 im neugotischen Stil erbauen lassen und die eindrucksvolle zweigeschossige Sandsteingiebel-Vorderseite dominiert die Straßenfront. Zentraler Blickpunkt ist selbstverständlich der Färberturm, ein monumentaler Buckelquaderbau aus dem 14. Jahrhundert. In unmittelbarer Nachbarschaft zu ihm steht bis zum Abriss 1827 der Weißenburger Torturm als südlicher Stadtzugang.

 

 

Garten an der Stadtmauer

Beschaulich und friedlich wirkt dieses perfekt anmutende Postkartenmotiv auf den Betrachter. Aufgenommen von der etwas höher gelegenen Bühringerstraße aus, sieht man im Vordergrund eine junge Frau in ihrem frühlingshaften Garten arbeiten. Ursprünglich verläuft in diesem Bereich der mit Wasser gefüllte Graben als Teil der Stadtmauer, bis der Rat 1725 beschließt, diesen trockenzulegen und die entstehenden Grundstücke an Privatpersonen abzugeben. Zur bequemeren Nutzung wird den Bürgern gleichzeitig das Durchbrechen der Stadtmauer an mehreren Stellen gestattet, um so einen direkten Zugang zwischen ihren Wohnhäusern und den Gärten zu gewährleisten. Abgerundet wird diese wunderschöne Idylle durch Färberturm und Stadtkirche im Hintergrund.

 

 

Stadtgarten

Auf eine lange Geschichte kann dieses Areal an der Bahnhofstraße zurückblicken. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts zeichnet es sich immer deutlicher ab, dass die erste Begräbnisstätte der Gunzenhäuser um die Evangelische Stadtkirche in absehbarer Zeit nicht mehr ausreicht. Deshalb fällt 1545 der Entschluss im Norden, außerhalb der Stadtmauern, einen neuen Friedhof zu errichten, der einige Jahre später auch eine eigene Kapelle erhält. Hunderte von Jahren finden nun die Einwohner hier ihre letzte Ruhe bis zur Friedhofsschließung 1876. Im Wesentlichen der Natur überlassen, wachsen zahlreiche Bäume und 1912 erfolgt schließlich die Umgestaltung zum Stadtgarten mit Anpflanzung von Sträuchern und Blumenbeeten sowie Anlegung von Spazierwegen. Die Fotografie zeigt das 1895 geschaffene Denkmal für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/1871. Auf dem Schild rechts am Baum steht zu lesen Das Betreten des Rasens sowie jede Verunreinigung der Wege ist verboten und wird die Anlage dem Schutze des Publikum empfohlen. Der Stadtmagistrat.
Durch Bomben im Zweiten Weltkrieg nahezu zerstört, erfährt der Stadtgarten eine Wiederherstellung. Sein definitives Ende kommt in den 1970er Jahren, als das Gelände zur innerstädtischen Bebauung herangezogen wird. Heute befindet sich dort das Ärztehaus.

 

 

Weißenburger Strasse mit Faerberturm

Um diesen Ausblick im Bild festhalten zu können, muss Fotograf Georg Hemmer mit seinem Apparat die vielen Treppenstufen bis in das oberste Geschoss des Blasturms hochsteigen. Doch die Mühe lohnt sich! Man sieht die dichtbesiedelte Innenstadt, deren Häuser noch überwiegend aus dem 17. Jahrhundert stammen und besonders zwischen Brunnengasse und Waaggasse das historische jüdische Wohnviertel zeigen (Bildmitte). Aus den höchstens zweigeschossigen Bürgerhäusern ragen imposant Stadtkirche und Synagoge heraus. 1883 eingeweiht, gilt das jüdische Gotteshaus als eines der schönsten in Franken. Unmittelbar vor der Reichspogromnacht 1938 an die Stadt verkauft, entgeht es der Zerstörung. Kriegsgefangenenlager, Kaufhaus und Eisenwerk sind die weiteren Nutzungsstationen bis die ehemalige Synagoge 1981 im Zuge der Altstadtsanierung abgerissen wird. Heute steht an der Stelle eine Tiefgarage mit Randbebauung.

 

Burgstallstraße

Von der Burgstallstraße aus fällt der Blick auf das Zigarren-, Tabak- und Kolonialwarengeschäft Ganzer (links im Bild) und das Haus des Wirts und Metzgers Johann Adam Meier (später Gastwirtschaft Zum Bär, heute Café und Bar Bärlin).
Im Bildmittelpunkt, der 1466 erstmals als Neues Thor erwähnte Blasturm, eines der bedeutendsten Bauwerke Gunzenhausens. In seiner heutigen Gestalt entsteht er 1603/1604 und laut den Abrechnungsunterlagen hat man einen welschen Maurer als verantwortlichen Baumeister beauftragt, also einen vermutlich französischen oder italienischen Handwerker.

 

 

Bahnhofstraße

Still und beschaulich zeigt sich die Bahnhofstraße vor 100 Jahren und hat nichts gemeinsam mit der heutigen Betriebsamkeit als wichtige kommunale Verkehrsachse. In den Geschäftshäusern auf der rechten Straßenseite gibt es Dinge des alltäglichen Lebens zu erwerben. Stephan Keller empfiehlt in seinem Zahnatelier gegenüber dem Gasthof Zur Post das Einsetzen künstlicher, in Kautschuk und Metall gefasster Zähne. Das markante Gebäude mit Schlot und zinnengekrönten Flachdach ist die Malzfabrik der Familie Eidam. Später produziert dort eine Schokoladenfabrik bis es schließlich in den Besitz des Gemeinschaftsverbands Diakonissenmutterhaus Hensoltshöhe übergeht. Demnächst erfolgt der Abbruch und im Neubau wird das Bayerische Landesamt für Schulen einziehen.

 

 

Blasturm

Schmiedgasse, so hieß die Rathausstraße bis zur Umbenennung 1892/1893 nach der im Anwesen Haus-Nummer 6 befindlichen Schmiede. Als eine von drei Hauptstraßen führt sie, flankiert von stattlichen Bürgerhäusern zum Marktplatz. Unmittelbar vor dem Blasturm mit seiner stattlichen Höhe von 33 Metern, öffnet sich die Straße zu einem kleinen Platz. Im Haus mit dem neobarocken Schweifgiebel (rechts) befindet sich bis zur Vertreibung 1938 durch die Nationalsozialisten, das bekannte jüdische Bankhaus Gerst. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist die ehemalige Gastwirtschaft Zur Goldenen Traube zu erkennen.

 

 

Seelgasse

Eine ältere Bezeichnung für die untere Kirchenstraße welche südlich der Evangelischen Stadtkirche verläuft, lautet Seelgasse und bezieht sich damit auf das dort gelegene und 1508 erstmals erwähnte Seelhaus. Es handelt sich dabei um eine karitative Einrichtung, vorrangig zur Versorgung von armen, kranken und alleinstehenden Gunzenhäuserinnen. Bis zum Gebäudeabbruch 1808 verrichten fromme Frauen, so genannte Seelweiber, dort ihren sozialen Dienst am Nächsten.

 

 

Werner Mühlhäußer, Stadtarchivar

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